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8 August 2010 (a)

(als Gottesdienst mit Bußcharakter)


Vorbemerkung: Für den 10. Sonntag nach Trinitatis, den sog. Israel-Sonntag gibt es keine einheitlichen Textvorgaben, da in Württemberg die Perikopenordnung von 1978 weiter in Geltung ist, während die gottesdienstlichen Texte im Evangelischen Gottesdienstbuch von 1999 neu geordnet wurden. Es werden daher zwei Entwürfe vorgelegt, wobei dies erste Beispiel die überkommenen Perikopen (nach dem württembergischen Perikopengesetz) verwendet, stärker den Bußcharakter betont und insofern in die Trauer Israels über die Zerstörung des Tempels mit einstimmt.



10. Sonntag nach Trinitatis (violett !) - Der Herr und sein Volk 

Wohl dem Volk, dessen Gott der HERR ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat. (Ps 33,12)    


Predigttext (Epistel): Römer 11, 25-32 (II in Wü) Verstockung und Gnade

Schriftlesung (Evangelium): Lukas 19,41-44 (!) (I in Wü) Jesus weint über Jerusalem 

(Prophetie: Daniel 9,15-19 (W) Gebet für Jerusalem


           

Vorspiel


Eröffnung / Begrüßung

Wir sind versammelt im Namen Gottes, der Himmel und Erde gemacht und Israel als sein erwähltes Volk berufen hat, der Jesus von Nazareth, dem als Jude geborenen, gekreuzigten und auferstandenen Christus, Menschen aus allen Völkern der Welt zu sich ruft, der durch den Heiligen Geist Israel und die Kirche gemeinsam zu seinen Zeugen und zu Erben seiner Verheißung macht. (a) R: Amen. 

oder

Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat, der Bund und Treue hält ewiglich, der nicht loslässt das Werk seiner Hände. (b) R. Amen.

Wenn wir  zusammenkommen, um Gottes Wort zu hören und ihm zu antworten mit unserem Gebet, dann müssen wir heute, am Israel-Sonntag, zugleich daran denken, dass in Deutschland und durch Deutsche dem Gottesvolk der Juden unermessliches Leid und Unrecht zugefügt worden ist. Wir waren blind für Gottes Gaben an Israel. Wir sind den Juden das Zeugnis der Liebe schuldig geblieben. Das erkennen wir als unser Versagen. Gott erbarme sich unser und sei uns Sündern gnädig. (c)


Lied zum Eingang


Votum und Psalm 

Gedenke, HERR, an deine Gemeinde, die du vorzeiten erworben und dir zum Erbteil erlöst hast, an den Berg Zion, auf dem du wohntest. Richte doch deine Schritte zu dem, was so lange wüste liegt. Ps 74,1ff 

Psalm 102 (EG 741) mit „Heiliger Herre Gott“ (EG 185.4) -  Herr, höre mein Gebet


oder

Kyrie-Litanei

Gott des Erbarmens. Dein Volk Israel blickt zurück auf viele Erfahrungen von Zerstörung, Demütigung und Vertreibung und trauert vor dir. Als Kirche haben wir diese Trauer lange nicht geteilt, sondern oft genug vergrößert und haben uns angemaßt, die Katastrophen Israels als Gericht über seine Verstocktheit zu deuten. - Dich rufen wir an:

Kyrie

Wir erkennen, dass wir es sind, die deinen Zorn verdient haben, weil uns nicht zusteht, uns über dein Volk zu erheben und es in seinem Leid allein zu lassen. Wir bitten, vergib uns und führe uns zur Umkehr. - Dich rufen wir an:

Kyrie

Hilf, dass wir nicht nur mit Lippenbekenntnissen unsere Veränderung im Denken beteuern, sondern uns berühren lassen von der Klage deines Volkes. Verwandle uns, dass aus Gleichgültigkeit Teilnahme werde, Kälte der Herzlichkeit weiche und statt Selbstgerechtigkeit uns tätige Buße leite. Dich rufen wir an: (d)

Kyrie


Tagesgebet

Beten wir in der Stille zu Gott, der uns Menschen gnädig sein will: - Stille - 

Ewiger Gott. Nach all dem Leid, das den Gliedern deines erwählten Volkes zugefügt worden ist, lässt du uns neu erfahren, dass deine Treue Christen und Juden verbindet. Erhalte uns dein Erbarmen und die Hoffnung auf dein Reich, in dem alle deine Kinder dich loben werden in Ewigkeit  (e)


Schriftlesung  -  Antwortlied  -  Text und Predigt  -  Zwischenspiel


Bekenntnis

Klage- und Vertrauenspsalm

In Stille verbinden wir uns mit Israel, gedenken voll Trauer der Zerstörung des Tempels, der Vertreibungen und all der Leiden des Volkes durch die Jahrhunderte: 

- Stille - 

Gott ist dennoch Israels Trost für alle, die reinen Herzens sind.

Im Vertrauen auf die Treue Gottes wagen wir zu sprechen:

Psalm 73 - ohne Doxologie -  Dennoch bleibe ich stets an dir (EG 733)


Fürbitten

Barmherziger Gott. Wir bitten dich für die Opfer der Shoah, die der Heimtücke und Bosheit  von den Machthabern unseres Volkes zum Opfer gefallen sind, und für die Überlebenden der Judenverfolgung, die bis heute gezeichnet sind von dem erlittenen Grauen: Lass sie nicht vergessen werden; gedenke du selber ihrer Tränen und schaffe ihnen Recht. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Gott, weil wir sehen, was Menschen einander antun, und ahnen, wozu auch wir fähig sein könnten, weil wir unserer selbst nicht mehr so sicher sein können, weil wir das Böse in uns und um uns nicht mehr verharmlosen oder wegreden wollen, bitten wir dich: Gib uns Klarheit und Halt und bewahre uns vor schwerer Prüfung. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison

Wir bitten dich für alle, die Schuld tragen an der Zerstörung menschlichen Lebens. Für die, die Entsetzen um sich verbreiten, die Lust daran haben, andere zu quälen: Richte sie, ändere sie, mach sie empfindsam für fremdes Leid. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison

Nimm von uns, Herr, unsere Selbstgerechtigkeit und vergib uns unsere Schuld. Mach uns bereit, nach deinem Willen zu leben und achtsamer zu werden miteinander. Lehre uns Ehrfurcht vor dir und vor dem Leben. Wir rufen dich an: (g)

R: Kyrie eleison.


oder

Lasst uns voll Hoffnung zu Gott beten:

R: Kyrie eleison.

Für Christen und Juden, dass sie sich begegnen und einander vertrauen können, dass Wunden und Verletzungen, die Christen Juden zugefügt haben, heilen, dass Schuld ernst genommen und nicht verdrängt wird - lasst uns zu Gott rufen:

R: Kyrie eleison.

Für den Staat Israel, alle seine Bewohner, Nachbarn und Bedränger, dass sie auf Gewalt verzichten, dass niemand mehr um sein Leben fürchten muss und dass ein gerechter Friede in diesem Teil der Welt gefunden wird - lasst uns zu Gott rufen:

R: Kyrie eleison.

Für die Überlebenden der Judenverfolgungen, die bis heute gezeichnet und von Erinnerungen gequält sind wegen des erlittenen Grauens, dass sie Linderung finden für ihren Schmerz und dass sie und ihre Nachkommen Frieden für ihre Seele finden - lasst uns zu Gott rufen:

R: Kyrie eleison.

Für alle, die das Volk Israel noch immer verachten, dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit finden, dass die Juden die Geliebten Gottes sind, Licht der Völker, Mittler von Segen und Heil; für alle, die schuldig geworden sind an Juden, dass sie ihr Tun bereuen und umkehren - lasst uns zu Gott rufen: (h)

R: Kyrie eleison.


Vaterunser - Lied zum Ausgang - Bekanntgaben - Friedensbitte


Sendungswort

Der HERR gedenkt ewiglich an seinen Bund, an das Wort, das er verheißen hat für tausend Geschlechter, an den Bund, den er geschlossen hat mit Abraham und an den Eid, den er Isaak geschworen hat. Ps 105,8.9


Segen - Nachspiel

*

wenn Abendmahl gefeiert wird, kann es mit folgenden zusätzlichen Stücken geschehen:


Eingeständnis und  Zusage

Nun, Gottes Volk, was fordert der HERR, dein Gott noch von dir, als dass du den HERRN, deinen Gott fürchtest; dass du in allen seinen Wegen wandelst und ihn liebst und dem HERRN, deinem Gott, dienst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, dass du die Gebote des HERRN hältst und seine Rechte, auf dass es dir wohlgehe ? - (i) Als solche, die vor den Forderungen Gottes nicht bestehen können, bitten wir um seine Gnade:

=

So spricht der HERR zu seinem Volk: Gedenke daran, ich habe ich bereitet, dass du mein Knecht seist. Ich vergesse dich nicht. Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünden wie einen Nebel. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich. Jes 44,22


Bereitung - Präfation - Abendmahlsgebet- Dankgebet  - wie Entwurf b


Quellen und Vorlagen

Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

a - vgl. Arbeitshilfe „Als er die Stadt sah...“, Denkendorf 2009, S. 19

b - Ps 124,8; 146,6; 138,8b

c - vgl. Erneuerte Agende - Vorentwurf, 1990, S. 428

d - vgl. Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 132 

e - vgl. Württembergisches Gottesdienstbuch I, Stuttgart 2004, S. 158,  78

f - Ergänzungsband zum Württemb. Gottesdienstbuch, Stuttgart 2005, S.165 Nr. 5

(= Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 1999, S. 541)

g- vgl. Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 281

h - vgl. Arbeitshilfe „Bessert euere Wege und Taten...“ Denkendorf 2007, S. 25

i - vgl. 5. Mose 10,12