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Wochengottesdienst um den 20. Januar 2009

„Johann Michael Hahn“ (+ 20.1.1819)

Abendgebet mit Elementen der Tagzeitenliturgie bzw. Taizegesängen


Begrüßung 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. G:  Amen.

Wir gedenken in unserem heutigen Abendgottesdienstes eines der großen und eigenständigen Glaubenszeugen im schwäbischen Pietismus: Johann Michael Hahn, der am 2. Februar 1758 geboren und am 20. Januar 1819 gestorben ist. Er lebte - nach einer bewegten Findungszeit - lange Jahre als Landwirt in Sindlingen bei Herrenberg. Sein Denken war der Theosophie Jakobs Böhmes verwandt. Durch seine Vorträge, Versammlungen („Stunden“) und Briefe wurde er zum Gründer der nach ihm benannten Hahnschen Gemeinschaft innerhalb der Landeskirchen, die seine zahlreichen Schriften und Lieder bewahrt und weiterpflegt. Zwei Lieder von ihm sind auch im neuen württembergischen Gesangbuch enthalten. (Wie singen zum Eingang: Jesus, Seelenfreund der Deinen - EG Wü 560) (a)


(oder)

Eröffnung 

mit Ingressus: Herr, bleibe bei uns (EGWü 781.1 )

oder Taizegesang: Laudate omnes gentes (EG 181.6)


Votum und Psalmgebet

Wir warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit. Tit 2,13.14

Psalm 63: Gott, du bist mein Gott, den ich suche  (EG 729)


Schriftlesung: Kolosser 1, 12-20 - Alles versöhnt durch Christus


Antwortgesang

mit Responsorium: Mit Freude erfüllt mich dein Walten (EGWü 781.4)

oder Taizegesang: Oculi nostri ad Dominum Deum (EGWü 787.6)


Stille oder Betrachtung oder Auslegung oder Text oder Vita von J. Michael Hahn (b)


(Lied: Jesu, Seelefreund der Deinen - EG Wü 560)

oder: Herr, lass mich deine Heiligung - EG Wü 634)


Magnificat

mit Canticum: Christus, unsern Heiland, ewigen Gott, Marien Sohn ... (EGWü 781.6)

oder Taizegesang: Magnificat (EGWü 573)


Fürbitten 

Vater in Ewigkeit. Du hast deinen Sohn mit Preis und Herrlichkeit gekrönt und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist. Mit allen, die auf Erden an seinen Namen glauben, bekennen wir, dass Jesus Christus der Herr ist zu deiner Ehre. Dich rufen wir an:

R: Kyrie eleison.

Stärke uns den Glauben und reinige unsre Herzen, dass wir als lebendige Glieder seines Leibes mit ihm, dem Haupt, verbunden bleiben. Lass uns in seiner Liebe inne werden, dass die Leiden dieser Zeit nicht wert sind der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Dich rufen wir an: 

R: Kyrie eleison.

Christus Jesus ist der erhöhte Heiland, der gehorsam war bis zum Tode und durch Leiden des Todes vollendet ist. Erhalte uns in der Gewissheit, dass er bei den Seinen ist alle Tage bis ans Ende der Welt und dass uns keine Gewalt aus deiner Hand reißen kann. Dich rufen wir an:

R: Kyrie eleison.

Mach uns los von allem, was dir zuwider ist, dass wir nicht suchen, was irdisch ist, sondern was uns zu dir leitet. Hilf uns unser Leben führen würdig unserer himmlischen Berufung. Nimm unsern Dienst in Gnade an, dass wir, wenn er einst kommen wird, ihm freudig entgegengehen und von dir aufgenommen werden in dein unvergängliches Reich. Dich rufen wir an: (c)

R: Kyrie eleison.


Vaterunser


Schlussgebet

Dir, Gott, wollen wir vertrauen, dass du auch da Gutes hervorbringst, wo wir es nicht begreifen. Lass uns (wie Michael Hahn) in geduldigem Ausharren klug und weise werden und in uns die Fähigkeit reifen, deinen verborgenen Willen zu erkennen. So gib uns deinen Geist, zu verstehen, was wir glauben. Das erbitten wir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. (d)


Segensbitte

mit Schlussstrophe: Lass mich dein sein und bleiben (EG 157)

oder Taizegesang: Bleib mit deiner Gnade bei uns (EGWü 787.8)  


Segenswort

Der Gott des Friedens heilige uns durch und durch und bewahre unsern Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. 1.Thess5,23



Anhang

Vita (kurzes Lebensbild)

Johann Michael Hahn, als Bauernsohn am 2. Februar 1758 im württembergischen Altdorf (bei Böblingen) geboren und aufgewachsen, hatte er im Alter von 20 Jahren eine erste “Zentralschau”: "Ich sah in die innerste Geburt und allen Dingen ins Herz, und mir war, als wäre auf einmal die Erde zum Himmel geworden und als ob ich die Allenthalbenheit Gottes schaute." Diese Visionen hielten zeitlebens an, viele hielt er schriftlich fest. Als er begann, in Versammlungen darüber zu sprechen, wurde er bei der Kirchenleitung angezeigt und verhört. Der Stuttgarter Konsistorialrat Riegger erkannte aber das Original in Hahn und ermahnte ihn lediglich, sich in seinen Reden und Schriften mehr dem Sinn und der Sprache der Heiligen Schrift anzuschließen. Dennoch zog sich Hahn durch seine Versammlungen mannigfache Anfeindungen zu, viele Vernehmungen durch weltliche und kirchliche Behörden und auch Verhaftungen. Wegen der zunehmenden Verfolgungen gab er 1781 das öffentliche Reden in Versammlungen auf und beschränkte sein Wirken auf kleinere Kreise und seelsorgerlichen Briefwechsel. Nach dem Tod seines Vaters zog Hahn 1794 nach Sindlingen bei Herrenberg, das damals nicht zu Württemberg gehörte, und wo er von Herzogin Franziska von Hohenheim gefördert wurde. Er durfte dort ungestört seine Versammlungen abhalten und entfaltete noch eine reiche schriftstellerische Tätigkeit. 1803 konnte er sich hier ein Haus bauen und sich ganz seiner geistlichen Arbeit widmen, 15 Bände seiner Schriftem legen davon Zeugnis ab. Zahlreiche Menschen ström ten von weit her zu seinen “Erbauungsstunden”, in denen er ein theosophisches Christentum lehrte. Über 500 Lieder wurden von Hahn verfasst. Auch durch seine Schriften, die an die Theosophie des Görlitzer Jakob Böhme  erinnern, aber nicht von diesem abhängig sind, übte Hahn einen starken Einfluß aus. Er lehrte einen zweifachen Sündenfall. Der Weltprozess geschieht als Wiedervereinigung aller aus Gott geflossenen, durch die Sünde in Disharmonie geratenen Potenzen mit Gott durch Christus. Deshalb geht es um mehr als die Vergebung der Sünde, die nicht nur juridisch oder ethisch, sondern mehr physisch in dem Erlösungswerk Christi geschieht. Mit ihm beginnt eine die ganze Schöpfung umfassende Wiederherstellung und Wiederbringung aller Dinge - selbst die des Teufels -, ja darüber hinausgehend eine die Schöpfung übertreffende Vollendung. Hahn und seine Anhänger legen besonderen Wert auf die Heiligung, so dass ihnen großer Ernst, Entschiedenheit und Fernhalten von der Welt eigen ist. Doch was der Mensch in dieser Gnadenzeit nicht erlangt, das wird in der anderen Welt an verschiedenen Reinigungsorten und Stufen gerichtlich nachgeholt. Die Richtung Hahns gewann in Württemberg viele Anhänger und wurde hier die größte innerkirchliche Gemeinschaft, fand aber auch in Baden und anderwärts Boden. Als anfangs des 19. Jahrhunderts viele fromme Schwaben ins Heilige Land auswandern wollten, um dort den als nahe geglaubten Anbruch des Gottesreiches zu erwarten, verhinderte Hahn in heiliger Nüchternheit eine Massenauswanderung ebenso wie die drohende Trennung seiner Gemeinschaft von der Landeskirche. Wohl war er mit den Plänen zur Bildung einer Brüdergemeinde befasst, doch erlebte er ihre Gründung in Korntal nicht mehr.  Am 20. Januar 1819 ist er im Alter von fast 61 Jahren verstorben. Auf seinem Grabmal in Sindlingen findet sich die Inschrift: “Aus Gott geboren - In Jesu gestorben - Mit dem Heiligen Geiste versiegelt - Ruhet allhier - Joh. Michael Hahn - ledig”. Die nach ihm benannten “Hahnischen Gemeinschaften” bestehen noch heute an verschiedenen Orten als Versammlungen frommer Christen zur eigenständigen Auslegung der Bibel. (e) In einem seiner Lieder bittet Michael Hahn:

Öffne in mir höh're Sinnen, gib mir göttliches Gemerk!

Lass mich dich im Grund erkennen, auch in deinem Schöpfungswerk!

Alles lass, ich bitt', auf Erden mir zu einer Leiter werden,

daran ich zu dir aufsteig' und vor dir mich innigst beug'!  Amen. (f)



Quellen und Vorlagen

Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

a - vgl. Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für Württemberg, 1996/2007, S. 1578

b - siehe Anhang (e)

c - vgl. Kirchenbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, 1. Teil: Gebete, Stuttgart 1931, S. 112 f. (nach der württembergischen Liturgie von 1809)

d - vgl. A.Ringwald (Hg) Menschen vor Gott, Band III, Stuttgart 1963, S. 49

e - Der Text dieses Lebensbildes basiert auf Informationen aus dem www. Ökumenischen Heiligenlexikon, dem Biographischen-Bibliographischen Kirchenlexikon, II, Hamm 1990, Spalten 469-471 (Autor: Friedrich Wilhelm Bauks) sowie der Vita Hahns in:

A.Ringwald (Hg) Menschen vor Gott, Band III, Stuttgart 1963, S. 48 f.

f - vgl. A.Ringwald (Hg) Menschen vor Gott, Band III, Stuttgart 1963, S. 49