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19. Oktober2020 


Joel, Hosea, Obadja  (blau #) Propheten des Gerichts

So spricht Gott der HERR: Ich rede wieder zu Propheten, und ich bin's, der viel Offenbarung gibt und durch die Propheten sich kundtut. (Hos 12,11)


Zum christlichen "Gedenken der Heiligen" wird häufig auf die "Wolke der Zeugen"" nach Hebräer 12,1 verwiesen; wo eben Abel, Henoch, Noah, Abraham und Sara etc. namentlich genannt werden: Gestalten aus dem Alten Testament. Ihrer zu gedenken, - wie in manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) - kann  berechtigterweise auch „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst in evangelischer Tradition abgeben. Entsprechend werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten.


Eröffnung (Begrüßung)

Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden.  (Ps 72,28.29) R: Amen.

Wir begehen in dieser Woche  den gemeinsamen Gedenktag dreier Propheten  - Joel, Hosea und Obadja - , bei denen die Ankündigung des Gerichts Gottes besonders hervortritt, die aber historisch verschiedenen Jahrhunderten zuzuordnen sind.  Hosea, der heute besonders im Mittelpunkt unseres Gedenkens steht, ist der älteste, dessen Name "Gott ist die Rettung" bedeutet, und er wirkte um 755 bis 725 in Israel. Er war ein gebildeter Mann,  wohl Beamter am Königshof in Samaria, dem heutigen Shomron in Palästina -, verheiratet mit einer unzüchtigen Frau (Hosea 1), wohl einer Tempelhure; als symbolischer Akt sollte dies auf die sittlichen Verfehlungen des Volkes hinweisen. Rund dreißig Jahre lang wirkte er als Prophet zunächst im Nordreich Israel und kritisierte die kultischen Verfehlungen - insbesondere den Einfluss kanaanitscher Religion - und die Machtpolitik der Könige. Nach dem Fall des Nordreichs wirkte er im Südreich in Jerusalem. Am Ende heiratete er noch einmal, diesmal als Symbol der verheißenen Heilszeit (Hosea 3). Die Grundzüge des nach ihm benannten alttestamentlichen Prophetenbuches hat Hosea wohl selbst nieder geschrieben.

Die Lebensdaten des Propheten Joel, dessen Namen "Der HERR ist Gott" bedeutet,  und auf den wir uns diesmal konzentrieren, sind schwer zu bestimmen. Er lebte wohl im 4. vorchristlichen Jahrhundert, wirkte in Jerusalem als Kultprophet und weckte im Volk die Hoffnung auf den “Tag JHWHs” als Offenbarung von Gottes Gericht und Gnade und als Aufrichtung der endgültigen Gottesherrschaft. Seine Ankündigung der allgemeinen Geistausgießung (Joel 3, 1 - 5) wurde von Lukas zur Deutung des Pfingstgeschehens herangezogen (Apostelgeschichte 2, 15 - 21). (a) 

Obadja  schließlich, dessen Name "Knecht des Ewigen" bedeutet, ist Autor des kürzesten Buches im Alten Testaments. Es gilt als besonders düster, [charakteristisch sind seine scharfen Worte gegen die Edomiter, die Nachfahren Esaus, mit der Ankündigung ihres Untergangs, dass sie Besitz und Land bis hinunter zum Negeb verlieren würden. Einzelne Sprüche stammen wohl auch der frühesten Exilzeit (nach 587 v.Chr.) ] Aus dem Buch Obadja wird für gewöhnlich nichts im evangelischen Gottesdienst gelesen. Die "geradezu hämische Begeisterung" (b)  lässt sich vielleicht dadurch relativieren, dass "das Buch... auch in seinem kanonischen Kontext zu lesen (ist): vor dem Buch Jona, das von der unbegrenzten und unbegreiflichen Barmherzigkeit allen Völkern gegenüber erzählt." (c) 

[<ç> Lied: Wohl denen, die da wandeln (EG 295,1-4 )


(oder)  Eröffnung (Ingressus): Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1)


Psalmgebet (gesprochen)

Votum: Ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ich will dich mir verloben in Treue, und du wirst den HERRN erkennen. (Hos 2,21.22)

Psalm 25: Nach dir, Herr, verlangt mich (EG.E42 / EG 713)


Tagesgebet 

Beten wir in der Stille zu Gott, der durch seine Boten zur Umkehr ruft  - Stille - 

Gott, mit deinem Geist der Wahrheit, den die Welt niemals fassen kann, wecke unsere Herzen auf im Erschrecken vor deinem Kommen, erfülle uns mit Verlangen nach deinem Frieden und entzünde in uns die Sehnsucht, dein rettendes Wort zu verkünden. So bitten wir um deiner Verheißung willen. Dir sei Ehre in Ewigkeit.  (d)


Lesung (Altes Testament): Hosea 11,1-9 - Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim

oder: Joel 3,1-5  - ... meine Geist ausgießen über alles Fleisch


<ç> Antwortgesang:  Weise mir Herr, deinen Weg (EG Wü 779.3)


Lesung (Neues Testament):  Römer 11,29-36 - Gottes Barmherzigkeit

oder Apostelgeschichte 2,14-21 - .... was durch den Propheten Joel gesagt worden ist ...


<ç> Antwortgesang: Fest wie der Himmel steht dein Wort (EG Wü 780.6)


Auslegung  oder Betrachtung   (e)


<ç> Lied:  Geist des Glaubens, Geist der Stärke (EG 137,1.2.9)


[<ç>  Canticum (f)

Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David.

Benedictus:  Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6) ]

 

Fürbitten

Gott, versage dich uns nicht, auch wenn wir Menschen sind, die oft versagen. Vielmehr komme du mit deinem Geist auf uns zu und erfülle und vollende, wie du es verheißen hast. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Lass nicht über uns kommen, was uns bedroht, was uns ängstigt und quält. Vielmehr komme du mit deinem Geist und breite deinen Frieden aus, der unser Begreifen übersteigt. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Lass nicht über uns kommen, was unser Miteinander als Brüder und Schwestern gefährdet. Vielmehr komme du mit deinem Geist und führe deine Rettung herauf, die uns dankbar werden lässt und der Liebe öffnet. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Lass nicht über uns kommen, was böse ist und böse macht und zur Vernichtung führt. Vielmehr komme du mit deinem Geist und bring mit dir das Leben, das den Tod nicht fürchten muss. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Wenn aber das uns bedroht, was sich ankündigt als Zeichen des Endes; wenn düster erscheint, was dir vorangeht; wenn Erschrecken sich breit macht und auch unsere Hoffnung gefährdet und unsere Erwartung niederdrückt, dann zögere nicht länger, dann komme mit deinem Geist und überwältige uns, dass uns das Herz froh und weit wird, weil du die Welt erneuern willst. Wir rufen dich an: (g)

R: Kyrie eleison.


Vaterunser


[<ç> Schlussgesang: Unsern Ausgang segne Gott (EG 163)

oder Schalom chaverim (EG 434) ]


Segen

Möge die Kühnheit von Gottes Geist uns wandeln. Möge die Güte von Gottes Geist uns leiten. Mögen die Gaben von Gottes Geist uns erfüllen mit Weisheit und Zuversicht, dass wir hinausgehen in die Welt und Gott mit Eifer dienen. (h)


Anhang

Zum Hosea-Buch

In theologischer Hinsicht ist das Hoseabuch ungemein reichhaltig. Thematisch werden zentrale theologische Fragen angesprochen: Polemik gegen Baal; Höhenkult; Verlassen des Landes; Bilderverbot; falsche Bündnispolitik; Umkehr; Erwählung und Gottes Liebe. Prägend war das Hoseabuch vor allem für Jeremia und das Deuteronomium. Im Neuen Testament wird das Hoseabuch zitiert in Mt 2,15; Mt 9,13; Röm 9,25-26; 1Kor 15,4-5. 

Ein wesentliches Kennzeichen der Theologie des Hoseabuches ist die breite Aufnahme der Heilstraditionen Israels: Jakobtradition..., Mosetradition ...,Wüstenerwählungstradition ..., Bundestradition...; Dekalogtradition... Diese in quantitativer und qualitativer Sicht äußerst reichhaltigen Bezugnahmen auf die Tora haben für die theologische Verbindung von Tora und Prophetie eine große Bedeutung gehabt. Das Hoseabuch erinnert an JHWH als den Gott Israels und an dessen Heilstaten. Zugleich wird festgestellt, dass das Gottesvolk die entscheidenden Stationen seiner Glaubensgeschichte gänzlich vergessen und missachtet hat. Es hat dadurch das Wissen um JHWH als seinen alleinigen Herrn verloren und seine Bestimmung als dessen Volk verspielt.  Hosea polemisiert zudem scharf gegen den kanaanäischen Gott Baal und dessen Verehrung. In Baal sieht Hosea den Antipoden JHWH s (Hos 2,4-15), durch den das Gottesvolk aufgrund seiner Naturtheologie von JHWH weggeführt wird.  Im Hoseabuch wird zugleich das gegenwärtige Königtum aufgrund seines Fehlverhaltens energisch kritisiert (z.B. Hos 8,4). Die Könige haben nach Hosea ihre Bestimmung als Repräsentanten von Gottes Gerechtigkeit verloren. Spätere judäische Bearbeiter haben allerdings das davidische Königtum ausdrücklich von dieser Kritik ausgenommen und dem abtrünnigen Nordreichskönigtum den wahren König David gegenüber gestellt (Hos 3,5). Die Botschaft des Hoseabuches lässt sich als leidenschaftliches Plädoyer für den Gott verstehen, der sich Israel offenbart hatte, um von ihm erkannt zu werden und für es da zu sein. (i)

Für das Joel -Buch: www.Bibelwissenschaft.de  – Jörg Jeremias (2008), Artikel zu Joel

oder
Hosea – Der Mahner, S. 46,47
Joel – Der Zerisse, S. 55,56
in H: Bredford-Strohm, Die Personen der Bibel, München 2016


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 

# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie in der schwedischen und finnischen Kirche sowie in einer Reihe amerikanischer Denominationen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich 

<ç> entsprechend den aktuellen Corona-Regeln 

[ ] durch Klammern gekennzeichnete Stücke können entfallen

a vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon zu Hosea und Joel.

b vgl. P. Calvocoressi, Who's Who in der Bibel, Stuttgart 1993, S. 176

c vgl. U. Rapp in: Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh 2006, S. 985

d vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 345

e ggf. unter Verwendung der Information zu den einzelnen Prophetenbüchern (i)

f Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der ostkirchlichen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis); auch wird auf die "heiligen Propheten" ausdrücklich Bezug genommen.

g vgl. M. Meyer, Nachdenkliche Gebete, Göttingen 1988, S. 13

h vgl. Sinfonia Oeumenica, Gütersloh / Basel 1998,  S. 790

i vgl. www.bibelwissenschaft.de Heinz-Dieter Neef, Artikel zu Hosea und das Hoseabuch