Text als RTF-Dokument herunterladen

6. Juli 2015


Jan Hus – Reformator in Prag und Märtyrer in Konstanz (rot)

Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. Joh 12,32



Abendgottesdienst mit Elementen der Vesper oder Taize-Gesängen



Begrüßung 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.  G: Amen.
Wir gedenken heute an Jan Hus, der am 6. Juli 1415 in Konstanz (jetzt zu Baden-Württemberg gehörig) auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verbrannt wurde. Nach langjährigen Konflikten mit der kirchlichen Hierarchie in Prag , die seine Kritik am sündhaften Lebenswandel des Klerus, wie auch am Ablasshandel nicht länger hinnehmen wollte, wurde er – mit königlichen Schutzbrief – zum Konzil in Konstanz vorgeladen, dort angeklagt, verhört und mehrfach zum Widerruf  aufgefordert. Doch er weigert sich: „Aus Furcht, Gott zu beleidigen und meineidig zu werden, kann und will ich nicht abschwören, denn Gott ist mein Zeuge, dass ich so nicht gepredigt habe. Welcher Satz einen falschen Sinn hat, den verabscheue ich; aber in Bausch und Bogen kann ich nicht widerrufen aus Furcht, wider die Wahrheit zu verstoßen.“


[ Lied: Gottes Sohn ist kommen (EG 5,1-3.5) ]


Eröffnung 

mit Ingressus: Herr, bleibe bei uns (EGWü 781.1 )

oder Taizegesang:  Oculi nostri ad Dominum Deum (EGWü 787.6)


Psalmodie (gesungen)

Antiphon: Erbarme dich meiner, Herr, und vernimm die Stimme meines Fehens 

Psalm 91   Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt (EG Wü 782.4)


oder

Psalmgebet (gesprochen)

Votum: Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Joh 12,32)

Psalm 31 – Herr, auf dich traue ich (EG 716)


[ Tagesgebet

Treuster Christus, zieh uns Schwache dir nach, denn wenn du uns nicht ziehst, können wir dir nicht folgen. Gib einen tapferen Geist, der willig sei, und wenn das Fleisch schwach ist, so gehe deine Gnade voran, denn ohne dich können wir nichts tun (...) Gib uns einen willigen Geist, ein furchtloses Herz, rechten Glauben, feste Hoffnung und vollkommene Liebe, dass wir für dich geduldig und freudig unser Leben einsetzen (und hingeben). Dir sei Ehre in Ewigkeit. (a) ]


Schriftlesung:  2. Korinther 4, (6)7-11 – Wir werden von allen Seiten bedrängt


Antwortgesang

mit Responsorium:  Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte (EG Wü 781.3)

oder Taizegesang: Unsere Augen sehen stets auf den Herren (EG Wü 787.6)


Evangelium: Lukas 6,20-23 – Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen 


Antwortgesang

mit Responsorium: In deine Hände, Herre Gott, befehle ich meinen Geist (EG Wü 782.7)

oder Taizegesang: Bleib mit deiner Gnade bei uns (EG Wü 787.8)


Betrachtung  oder  Vita (b)


Lied:  Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandt (EG 215,1-3.7.8)


[ Magnificat

als  Canticum: Christus,  unsern Heiland, ewigen Gott, Marien Sohn ... (EGWü 781.6)

oder Taizegesang: Magnificat (EGWü 573) ]


Fürbitten 

Barmherziger Gott und Vater, wir gedenken an diesem Tag des Predigers und Theologen Jan Hus aus Prag, der– vom Konzil in Konstanz als Ketzer verurteilt -  den Tod auf dem Scheiterhaufen erleiden musste. Wir bitten um Vergebung für alles Leiden, das ihm und seinen Anhängern zugefügt wurde. Wir sind beschämt, dass in der Geschichte der Kirche soviel Unrecht , Machtmissbrauch und Grausamkeit geschehen ist. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Heute sehen wir Jan Hus inmitten der Wolke der Zeugen aus allen Nationen, Völkern, Sprachen und Kulturen, mit deren Leben und Sterben du, Gott, uns so viel anvertraut hast. Du lässt uns den Reichtum des Glaubens entdecken, Zeichen von Glaubensmut erkennen, Hinweise auf deine Gerechtigkeit sehen, Erfahrungen deiner Gnade im Leben und im Sterben finden. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Ermutige uns durch ihr Beispiel, wo sie deinen Zusagen mehr trauten als den Versprechungen der Mächtigen, wo sie alles auf deine Barmherzigkeit setzten und sich nicht beirren ließen durch Drohungen oder Angst, wo sie ihren Gewissen folgten und standhaft blieben trotz der Gefahr, unter dem Schein des Rechts verurteilt zu werden. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Unser Glaube ist oft klein, unser Hoffen kurzatmig, unsere Liebe schwach. Stärke uns mit dem Glaubensmut derer, die für deine Wahrheit ihr Leben einsetzten. Sieh nicht auf unsere Gleichgültigkeit und unser Versagen, sondern wecke uns auf durch das Eintreten der Glaubenszeugen für dich. Lehre uns ihre Treue zum Evangelium, die sich durch nichts zerstören ließ. Zeige uns ihr Nein, wo sie zur Lüge gezwungen werden sollten. Mache uns Mut durch ihrem Widerstand gegen das Böse. Lass uns wie sie Barmherzigkeit üben, in Sanftmut Hass überwinden  und Frieden stiften, wo der Streit entzweit. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Barmherziger Gott und Vater, wenn wir auf die Zeugen des Glaubens blicken und ihr Vermächtnis vernehmen, dann klingt uns das Lob deiner Kraft und Gnade entgegen. Wir stimmen ein in den Lobpreis derer, uns vorangegangen sind und die du aufgenommen hast in dein ewiges Reich. So gehen wir unsere Wege fröhlich und getrost in der Nachfolge deines Sohnes bis wir aufgenommen werden in die Gemeinschaft der Vollendeten. Wir rufen dich an: (c)

R: Kyrie eleison.


Vaterunser

Segensbitte

Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)

oder Taizegesang: Nichts soll dich ängsten (EGWü 574)  


Segen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus (+) Jesus.  (Phil  4,7)  G: Amen. 



Vita

Jan Hus  wurde  um 1372 in Husinec in Südböhmen in Tschechien geboren. Er  studierte an der Prager Universität und erhielt im Jahre 1396 den Titel eines Magister Artium, 1400 wurde er zum Priester geweiht. Er hielt Vorlesungen in Theologie an der Prager Universität, wurde 1401 zum Dekan der philosophischen Fakultät und dann zum Rektor der Universität ernannt. Daneben übernahm er Priestertätigkeiten an der Bethlehem-Kapelle, an der er in tschechischer Sprache anstatt dem traditionellen Latein predigte. Wie später Martin Luther wandte er sich der Sprache seines Volkes, dem Tschechischen, zu und wirkte ähnlich sprachbildend wie Luther für das Deutsche; und wie Luther wollte auch Hus, dass das Volk die Bibel in seiner Sprache lesen konnte. Tausende hörten ihm zu; seine Anhänger rekrutierten sich vor allem aus der tschechischen Bevölkerung, während die deutsche Oberschicht sich weiter an die traditionelle katholische Kirche hielt.

Die tschechische nationalistische und reformistische Bewegung, die von Jan Milíc, dem böhmischen Volksprediger des 15. Jahrhunderts, eingeleitet worden war, erweckte bald auch Hus' Interesse. Hus bekannte sich auch zu vielen Ideen des englischen Reformators John Wyclif Beide übten heftige Kritik am weltlichen Besitz der Kirche, an Korruption und Ablasshandel, traten für die Autorität des Gewissens ein und versuchten, durch ihre Predigten die Kirche dem Volk näherzubringen. Beide vertraten die Lehre von der Prädestination, betrachteten allein die Bibel als letzte religiöse Autorität und sahen allein in Christus das wahre Oberhaupt der Kirche.

1408 gingen beim Bischof Beschwerden über Hus' Predigten ein. Darauf wurde ihm die Ausübung seiner priesterlichen Funktionen untersagt. Im folgenden Jahr erließ Alexander V., einer der drei Gegenpäpste, eine Bulle, die Wyclifs Schriften verurteilte, woraufhin dessen Bücher verbrannt wurden. Hus wurde 1410 verbannt, daraufhin brachen in Prag Unruhen aus. Die Demonstrationen des Volkes ermöglichten es Hus trotz des 1412 ausgesprochenen Verbots, seine Predigten fortzusetzen. Da jedoch bald schon viele seiner einflussreichen Unterstützer ihre Stellungen verloren, flüchtete Hus aus Prag und wurde auf einem Schloss von einigen adligen Freunden aufgenommen. Im Jahre 1413 schrieb er sein Hauptwerk De Ecclesia, Über die Kirche.

1414 wurde Hus aufgefordert, sich dem Konstanzer Konzil zu stellen, welches zur Beendigung des Kirchenschismas und zur Unterdrückung von als Häresie betrachteten Lehren einberufen worden war. Mit dem Versprechen des Königs Siegmund auf freies Geleit hoffte Hus, seine Lehren erfolgreich verteidigen zu können, wurde jedoch gleich bei seiner Ankunft festgenommen und in der Burg des Konstanzer Bischofs, dem Schloss in Gottlieben, inhaftiert. Er lehnte es ab, die Lehrautorität des Konzils anzuerkennen, da es in seinen Aussagen nicht mit der Bibel übereinstimmte, und verweigerte den Widerruf seiner Schrift De Ecclesia und seiner Überzeugung, dass die Kirche die nicht hierarchisch zu gliedernde Versammlung der durch Prädestination Erwählten sei, deren Haupt allein Christus darstellt. Da er die Aufforderung zum Widerruf seiner Lehren und zur Unterlassung der Predigertätigkeiten kategorisch ablehnte, wurde er schließlich verurteilt und am 6. Juli 1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt, der Überlieferung zufolge an der Stelle des heutigen Denkmals Hussenstein; mit ihm wurden seine Bücher verbrannt, die Asche des Scheiterhaufens wurde in den Rhein geschüttet. Die Hinrichtung leitete Friedrich VI., der spätere Kurfürst von Brandenburg, der Stammvater der preußischen Könige. 

Vor seiner Verbrennung soll Hus gesagt haben: Heute bratet Ihr eine Gans - Hus heißt auf Deutsch Gans - aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen - was später oft auf Luther gedeutet wurde, der deshalb mit einem Schwan dargestellt wurde. Hus' Hinrichtung verhinderte nicht die Organisation seiner Anhänger, der Hussiten,  und führte schließlich zu den verheerenden Hussitenkriegen (ab 1419) , wo die Habsburger und Rom 20 Jahre lang gemeinsam gegen die tschechischen Protestanten zogen.

Jan Hus wurde gleichsam zum tschechischen Nationalheiligen, seine Verbrennung förderte entscheidend das Nationalbewusstsein. Kurz nach Gründung der modernen tschechisch (-slowakischen) Republik 1918 wurde 1920 die sich bewusst hussitisch nennende protestantische Nationalkirche gegründet, die auch nach dem 2. Weltkrieg im Kommunismus überleben konnte. 1925 wurde der 6. Juli zum Staatsfeiertag, worauf der Vatikan für drei Jahre seine diplomatischen Beziehungen mit dem Ketzerstaat unterbrach. 1990 erteilte Papst Johannes Paul II. der katholischen Kirche in Tschechien den Auftrag, sich neu mit Hus zu befassen; Ende 1999 tagte im Vatikan eine Konferenz aus Bischöfen, Theologen und Historikern verschiedener Konfessionen, die für den Papst eine Neubewertung Hus' ermöglichen sollte. Ziel war nicht die Rehabilitation von Hus, aber es wurde ein Bedauern des Papstes für Fehlentwicklungen in der Geschichte ausgesprochen. Zum Auftakt des Heiligen Jahres 2000 würdigte Johannes Paul II. den sittlichen Mut von Jan Hus und bat um Vergebung für die Leiden, die der Reformator und seine Anhänger erlitten. (d)


oder Artikel „ Jan Hus “ in wikipedia

oder J. Erb, Die Wolke der Zeugen, Bd. II, Kassel 1951, S.154-163

oder A. Ringwald, Menschen vor Gott, Bd. II, Stuttgart 1958, S.19 f

oder H. Achterberg, Zeugen des Evangeliums, Moes 1987, S.129 f


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

[ ] In Klammern gesetzte Stücke können entfallen

a vgl. A. Ringwald, Bete mit, Stuttgart 1960, S. 156 (Hus vor seinem Tod)

b siehe Anhang

c vgl. H.Ch.Knuth (Hg) Höre uns, Herr !, Gütersloh 1982, S. 163

d vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon – Jan Hus