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15. Juni 2016


Prophet Amos (blau #) Berufen als Schafzüchter aus Tekoa

Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht fürchten? Gott der HERR redet, wer sollte nicht Prophet werden. (Amos 3,8)


In manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) wird nicht nur der Apostel und überzeugenden „Heiligen“ aus der Geschichte des christlichen Glaubens gedacht, sondern auch zu besonderen Tagen an herausragende Gestalten des Ersten Bundes erinnert mit dem, was von ihnen im Alten Testament (Tora, Prophetenbücher, Schriften) überliefert wird. Ihr Gedächtnis könnte das „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst abgeben. Dazu werden Vorschläge für eine abendliche Feier mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten.


Eröffnung (Begrüßung)

Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Landes sollen seiner Ehre voll werden. (Ps 72,28.29) R: Amen.

Wir gedenken heute des Propheten Amos, der aus Tekoa im Südreich des heiligen Landes, dem heutigen Khirbet Tequa stammte und um 760 - 750 v. Chr in Israel wirkte. Sein Name bedeutet "JHWH hat getragen" .Von Beruf war er Vieh- und Maulbeerfeigenbaum-Züchter und er wurde - nach eigenem Zeugnis - unabhängig von der traditionell institutionalisierten Prophetie durch eine persönliche Berufung Gottes zu seinem kritischen Amt auserwählt. Im Nordreich Israel hatte er zunächst in der Hauptstadt Samaria - dem heutigen Shomron / Sabastiyah -, dann bei einem Fest am Kultort Bethel - dem heutigen Baytin -, die Botschaft von der sozialen Ungerechtigkeit und religiösen Scheinheiligkeit des Volkes und der deshalb drohenden Vernichtung auszurichten. Vom Oberpriester deshalb des Landes verwiesen, kehrte er schließlich in seine Heimat zurück. (a)


oder Eröffnung (Ingressus): Herr, tue meine Lippen auf (EG Wü 779.1)


Psalmodie (gesungen)

Leitvers: Meine Augen sehen stets auf den Herrn

Psalm 25: Herr, zeige mir deine Wege (EG Wü 764)


oder Psalmgebet (gesprochen)

Votum: So ruft Gott, der HERR, sein Volk durch den Propheten zur Umkehr: Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach. (Amos 5,24)

Psalm 1:  Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen (EG 702)


Tagesgebet (Psalmkollekte)

Beten wir in der Stille zu Gott, der seine Stimme hören lässt durch die Propheten:- Stille - 

Gott, auch wenn wir uns danach sehnen, dass dein Recht und dein Friede auf Erden verwirklicht wird,  spüren wir, wie sehr wir selbst in die Ungerechtigkeiten dieser Welt verstrickt sind. Wir sind betroffen und zugleich fühlen wir uns ohnmächtig gegenüber all dem Erschreckenden, von dem wir hören. Du lässt dich nicht täuschen durch falschen Schein, noch beschwichtigen durch übliche Ausreden. Du siehst, was wir anderen Menschen schuldig bleiben. Sei uns ein barmherziger Richter und hilf uns, ehrlich, entschieden und tapfer zu werden im Erkennen und Tun deines Willens. So bitten wir im Vertrauen auf Jesus Christus, unsern Retter und Herrn. (b)


Lesung aus dem Alten Testament:  Amos 5,4-15 - Suchet mich, so werdet ihr leben 


Antwortgesang: Ich suche dich, Herr, von ganzem Herzen (EG Wü 780.5)


Lesung aus dem Neuen Testament: Matthäus 5,17-20 - Jesu Stellung zum Gesetz


Antwortgesang: Weise mir, Herr, deinen Weg (EG Wü 779.3)


Betrachtung 


oder Vita (c)


Lied: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn (EG Wü 658,1-4) 


[ Canticum (d)

Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Haus seines Dieners David.

Benedictus: Gelobt sei der Herr, der Gott Israels  (EGWü 779.66)

 

Fürbitten

Ewiger Gott, noch immer gilt deine Botschaft, die du durch die Propheten hast verkünden lassen; noch immer ist Grund zur Klage und Anklage angesichts bestehender Verhältnisse; noch immer ist dein Friede nicht zur Wirklichkeit geworden in unserem Miteinander, noch immer leiden auf unserer Erde Menschen unter Gewalt und Unterdrückung, Ausbeutung, Missachtung, Missbrauch und es wird ihnen ihr Recht vorenthalten. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison 

Räume hinweg, was uns von dir und deiner Gerechtigkeit trennt. Vergib uns unsere Selbstsucht angesichts von Armut, unsere Furcht angesichts von Unrecht und Gewalt, unsere Feigheit angesichts von Unterdrückung der Schwachen, unsere Unfähigkeit angesichts von soviel Not. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison 

Heile du unseren Mangel an Vertrauen in dich und deine Kraft; unseren Mangel an Hoffnung auf dein kommendes Reich, unsern Mangel im Glauben an deine ermutigende Gegenwart, unsern Mangel an Liebe zu deiner großen Güte. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison 

Füge uns von neuem ein in deinen Bund mit deinem Volk. Führe uns zu echter Umkehr. Wende du selbst uns dir zu. Hilf uns, den Weg der Niedrigkeit und Hingabe, wie ihn Christus gegangen ist, anzunehmen. Stärke uns durch den Trost deines Geistes. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison 

Wo wir stark sind, Gott, da überwältige uns. Wo wir schwach sind, da kräftige uns. Wo wir auf uns selbst vertrauen, da stell uns bloß. Wo wir uns verloren haben, da ruf uns beim Namen zu dir ins Leben zurück. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison (e)


Vaterunser


[  Schlussgesang: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)

oder Schalom chaverim (EG 434)


Segen

Gott sei uns gnädig und segne uns,

[R:] er lasse uns sein Antlitz leuchten,

dass man auf Erden erkenne seinen Weg

[R:] unter allen Völkern sein Heil. (Ps 67,1.2)

oder

Der HERR wird seinem Volk Kraft geben; der HERR wird sein Volk segnen mit Frieden. (Ps 27,11)

R: Amen.


Anhang (Vita)


Die einzige Quelle für unsere Kenntnis vom Leben und Wirken des alttestamentlichen Propheten Amos ist die unter seinem Namen in der Hebräischen Bibel überlieferte Amosschrift. Da diese Schrift erst im Laufe eines längeren Prozesses entstanden und vielfach mit den anderen Schriften des Zwölfprophetenbuches verknüpft ist, dürfte es im Einzelnen unmöglich sein, den "historischen" Amos von der Patina des "überlieferten" Amos abzulösen. - Amos stammte aus dem Hochland von Juda, an der Grenze zwischen dem Kulturland und der judäischen Wüste. Beruflich war er wohl eher ein finanziell unabhängiger Herdenbesitzer. Seine bäuerliche Herkunft hat in zahlreichen Ausdrücken aus dem Landleben deutliche Spuren in seiner Schrift hinterlassen. In der bekannten Auseinandersetzung mit Amazjah, dem Oberpriester von Bet-El, verteidigt sich Amos gegen den Vorwurf, ein Berufsprophet bzw. Mitglied einer Prophetengilde zu sein, und betont demgegenüber seine göttliche Berufung. Von Gottes unwiderstehlichem Ruf getroffen , wurde er ins benachbarte Nordreich Israel gesandt  wo er um 760 v. Chr. vor allem am Reichsheiligtum Bet-El und in der Hauptstadt Samaria als Gerichtsprophet auftrat. Während der langen Regierungszeit des Königs Jerobeam II. (787/3-747/3) erlebte das Nordreich Israel eine - letzte - politische und wirtschaftliche Blüte. Damit verbunden war aber eine immer größere soziale Ungleichheit, ein Auseinanderfallen der Gesellschaft in einige wenige, die immer reicher, und die vielen, die immer ärmer wurden. Dagegen richtete sich der Hauptvorwurf der prophetischen Kritik des Amos. - Obwohl seine prophetische Tätigkeit wohl nur kurze Zeit betragen hat, war seine Botschaft so radikal, dass sie in einer eigenen Schrift aufgezeichnet wurde. Amos gilt damit als der älteste der sog. Schriftpropheten, Zeitgenosse der etwas jüngeren Hosea, Jesaja und Micha, mit denen er, was den Hauptpunkt seiner Kritik angeht, weitgehend übereinstimmt. - Die Amosschrift gliedert sich - neben einer knappen Einleitung (1,1-2) und dem sicher nicht authentischen Schluss  (9,11-15) am einfachsten in drei Hauptteile: I. Gottes Gericht über Israel und seine Nachbarvölker (1,2-2,16); II. Mahnungen und Drohungen gegen Israel (3-6); III. Visionen (7,1-9,10). Der erste Hauptteil (1,2-2,16) besteht aus acht Gerichtssprüchen gegen die Nachbarvölker Israels und schließlich als überraschender Höhepunkt gegen Israel selbst (2,6-16).  Bei der Urteilsbegründung fällt auf, dass es sich - mit Ausnahme der Sprüche gegen Juda und Israel - um Kriegsverbrechen handelt, die das jeweilige Volk gegen ein anderes begangen hat. Juda dagegen wird  vorgeworfen, "die Weisung des Herrn missachtet und seine Gesetze nicht befolgt" zu haben, "weil sie sich irreführen ließen von ihren Lügengötzen" (2,4). Noch einmal anders werden Israel eine Reihe von Vergehen gegen die eigenen Mitbürger vorgeworfen: Verkauf Unschuldiger in Schuldsklaverei, Rechtsbeugung und Unterdrückung der gesellschaftlich Schwachen, sexueller Missbrauch der Haussklavin, Missbrauch des Pfand- und Schadenersatzrechts (2,6-8).  - Der zweite Hauptteil (3-6) ist eine Zusammenstellung von Mahn- und Drohreden gegen verschiedene Gruppen in Israel.  Inhaltlich beklagt der Prophet hauptsächlich Gewalt und Unterdrückung der Schwachen seitens der Reichen und Mächtigen (3,9-11; 4,1; 5,7.10-12), sowie den infolge dieser strukturellen Ungerechtigkeit rein äußerlichen Kult (4,4-5; 5,4-6; 5,21-24), dem kein innerer Gottesbezug entspricht. Im Vertrauen auf seine Erwählung (3,1-2) wartet Israel auf einen "Tag des Herrn" zu seinen Gunsten; der Prophet dagegen beschreibt ihn als einen Tag des Zornes, der Finsternis, des Gerichts (5,18-20). Der dritte Hauptteil (7,1-9,10) besteht im Wesentlichen aus fünf Visionen, die der Prophet in der ersten Person erzählt. In den beiden ersten, die vielleicht seine anfängliche prophetische Tätigkeit schildern, tritt Amos zweimal erfolgreich als Fürsprecher für das Volk Israel auf: "Da reute es den Herrn, und er sagte: Es soll nicht geschehen" (7,3.6). Die beiden nächsten Visionen dagegen enden jeweils mit der Feststellung Gottes: "Ich kann nicht weiterhin (schonend) an ihm vorübergehen ". In scharfem Kontrast zu diesen drei Hauptteilen stehen die sicherlich erst von der Endredaktion angefügten Heilsverheißungen : die Wiederherstellung des davidischen Reiches, verbunden mit dem Sieg über die traditionellen Feinde Israels, die Verheißung paradiesischer Fruchtbarkeit und der endgültige Besitz Israels. - Der Kern der Botschaft des Amos besteht in der Ankündigung des Gerichtes, des "Tages JHWHs" (5,18-20). Im NT wird Amos zweimal zitiert, und zwar jeweils in der Apg.: In der Stephanusrede vor dem Hohen Rat  und auf dem sog. Apostelkonzil in Apg 15. Von bleibender Bedeutung sind die Sozial- und Kultkritik des Amos, die zum prophetischen Urgestein gehören und bis hin zur Predigt Jesu von Nazareth reichen. (c)


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in der schwedischen und finnischen Kirche und in einer Reihe amerikanischer Kirchen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich ist 

[ ] Durch Klammern gekennzeichnete Stücke können entfallen

a vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon zu Amos: www.heiligenlexikon.de

b vgl. Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 148

c s. Anhang

d Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in einem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der christlich-orthodoxen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis).

e vgl. Risk, Gottesdienstheft V. Vollversammlung des ÖRK, Nairobi 1975, S. 68

f vgl. Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon zu Amos (gekürzt): www.bautz.de/