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In der Woche nach dem

 2. Juni 2013

2.  Gottesdienst zum Jahresthema „Toleranz“



Im Rahmen der Stuttgarter Pfingstnacht (Nacht der offenen Kirchen) wurde in unserer Orts-Kirche bisher in der Regel jeweils eine Reihung mehrer verschiedener Feiern „angeboten“ (Vesper, Vigil, Messe, Komplet), die sich vom klassischen württembergischen Predigt-Gottesdienst in den Formen unterscheiden. Auch in diesem Jahr wurde der Versuch gemacht, sich dem vorgegebenen Motto „Reformation und Toleranz“ mit einem speziell „liturgisch“ geprägten Gottesdienst zu nähern, der im Anschluss dokumentiert und zur Diskussion gestellt wird.  Dabei werden Gestaltungsprinzipien der klassischen Vigil (als hinführende / vorbereitende Feier, mit mehreren Durchgängen („Nocturnen“), durch Zurdnungen von alttestamentlichen Texten und Psalmen, mit Abschluss in einem Evangelium) aufgegriffen und insbesondere durch ausführliche Präfamina erweitert. Zugleich sollten alle Stücke, an denen die Gemeinde beteiligt ist, im Württembergischen Gesangbuch enthalten sein. Auch sollte der Bezug zu Pfingsten nicht fehlen.



Vorspiel


Eröffnung

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. R: Amen.

Auch in diesem zweiten Gottesdienst heute Abend wollen wir das Thema Toleranz aufgreifen. Natürlich findet sich in der Bibel kein Text, der direkt über Toleranz handelt. Auch wenn es das Wort des Apostel Paulus gibt. „Einer trage des anderes Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Gal 6,2),  so handelt es sich da um das Einander-Tragen und Ertragen innerhalb der christlichen Gemeinschaft. Bei unserer Thematik geht es jedoch um  „Toleranz als Grundlage für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen“ (These 7) d.h. auch um das gelebte Verhältnis und dem „verantwortlichen Umgang mit  dem Fremden“, (These 8) gar Gegensätzlichen,  um ein „christliches Selbstverständnis, das (erst) in einem schmerzhaften geschichtlichen Prozess errungen“ (These 4) werden musste. Liturgisch suchen wir in dieser Feier, die Formen der Vigil aufgreift, einem hinführenden Wort- und Gebetsgottesdienst, un uns so unserm Thema zun ähern. Gerade der Gesang der Psalmen durch die ganze Versammlung ist ein wichtiges Element dieser Gottesdienstform. Wir möchten  daher alle ausdrücklich einladen, hier aktiv mitzutun. Auch wenn es für viele erstmal etwas Fremdes ist, wir finden die heute gesungenen Stücke alle in unserem württembergischen Gesangbuch im „violetten“ Teil um die Nr. 780. Auf dem Programmzettel sind die einzelnen Ziffern angegeben. Bei den Psalmen wird immer von den Vorsängern verweg gesungen und die violett unterlegten Verse werden von der ganzen Gemeinde gesungen und leise von der Orgel begleitet. Unterschiedliche biblische Überlieferungen werden nebeneinandergestellt und zusammengeführt, und  anhand solcher Begegnungen mit dem Fremden mag aufleuchten, was Toleranz bedeuten kann: sei es selbst als Femder Toleranz zu erfahren, sei es aktiv Toleranz gegenüber Fremden zu üben, am Beispiel Abrahams, im Rahmen des mosaischen Gesetzes, als prophetischer Aufruf in einer geschichtlichen Situation und schließlich im Evangelium durch Jesus in seinen Worten und seinem Verhalten. - Im Anschluss an die Feier bietet sich die Möglichkeit zum Gespräch anhand der Zehn Thesen „Toleranz aus Glauben“, die von der EKD im Jahre 2005 formuliert worden. Wir laden schon jetzt dazu ein. (a)


Entzündung der Lichter

Das österliche Licht, von dem her die sieben Lichter am Altar in den Farben des Regenbogen entzündet sind als Hinweise auf die sieben Gaben des pfingstlichen Geistes, soll auch jede und jeden von uns erleuchten.

Vom Osterleuchter her werden die Handkerzen der Gottesdienstteilnehmer entzündet mit dem Votum: Licht und Frieden von Christus Jesus.


Lied: Heilger Geist, du Tröster mein (EG 128,1-5)


Psalm 67: Fürchte dich nicht (EG 785) – im Wechsel von Schola und Gemeinde gesungen -


Hinführung (1)

Die Geschichte des biblischen Glaubens beginnt mit der Gestalt des Abraham. Wenn er aus seiner Heimat Ur in Caldäa von Gott herausgerufen wird -  vielleicht am Beginn des 2. Jahrtausends vor Christus - , bedeutet das, dass er in einem fremden Land als Fremdling leben soll. Das wird nicht ohne Konflikte angehen. Wir lesen von kriegerischen Auseinandersetzungen, doch wird am Ende eines solchen Streites davon erzählt, wie ein „Einheimischer“, ansässig in Salem – dem künftigen Jeru-Salem - dem fremen Abraham entgegen kommt mit den Gaben von Brot und Wein, als Zeichen der Güter des Landes, als Zeichen des Willkommens, als Zeichen von Frieden und Versöhnung. Ganz unbefangen nennt die Bibel diesen heidnischen König einen Priester Gottes des Höchsten, der Himmel und Erde geschaffen hat: Melchisedek. Und Abraham lässt sich von diesem Heiden segnen. Und im Gegenzug ist Abraham bereit, ihm dem Zehnten zu geben. Eine Szene, die ahnen lässt, wie ein Miteinander trotz Unterschieden und Gegensätzen gelingen kann.

Wir lesen im 1. Buch Mose im 14. Kapitel [17-20]


1. Lesung: 1. Mose 14,17- 20 –Melchisedek und Abraham


Psalm 23 –Der Herr ist mein Hirte  (EG 783) –im Wechsel von Schola und Gemeinde -


Gebet:
Du leitest uns, Gott, und dein Auge wacht über unser Miteinander. Niemanden verlierst du aus dem Blick, auch wenn wir bedrängt, verzagt und müde sind. Du führst über Feindschaft hinaus und gibst uns letzte Geborgenheit bei dir. Lass uns in allem Gegensätzen dieser Welt deinen Ruf zum Frieden vernehmen und der Stimme des guten Hirten folgen, deinem Sohn Jesus Chrisus, unserem Bruder und Herrn. (b)


Gesang: Komm, göttliches Licht, erleuchte die Erde  (EG 575)

 

Hinführung (2)

Nocheinmal eine andere Fremdlingschaft wird Abraham und seinen Nachkommen angekündigt: „Das sollst du wissen, dass deine Nachkommen werden Fremdlinge sein in einem Land, das nicht das ihre ist, und da wird man sie zu dienen zwingen und plagen vierhundert Jahre.“ (1.Mos 15,13) Es ist jene erniedrigende Erfahrung in der Sklaverei Ägaptens, die auch nach der Befreiung der Israeliten in bleibender Erinnerung sein soll. Als sie dann im verheißenen Land  - etwa seit dem 12. Jahrhundert vor Christus - das soziale Leben selbst bestimmen konnten, sollen die Erfahrungen in der Fremde, ja der Entfremdung nicht vergessen werden, sondern soll das Verhalten zu denen, die jetzt Fremdlinge sind, bestimmen. Deren Rechte werden nicht nur in vielen Geboten für das alltägliche Miteinander erwähnt, sondern auch betont, dass Fremdlinge  in besonderer Weise der Fürsorge Gottes anvertraut sind:

Wir lesen im 5. Buch Mose im 10. Kapitel [16-20]


2. Lesung:  5. Mose 10,16-19 – Der HERR hat die Fremdlinge lieb


Psalm 36 –Bei dir ist die Quelle des Lebens  (EG 780.3) – im Wechsel von Schola und Gemeinde -


Gebet:
Gott, Quelle des Lichtes und allen Lebens, lass uns deine Güte für alle Menschen erkennen und deine Gnade in unserem Leben  erfahren, dass wir in unserem  Miteinander Kraft schöpfen aus dem Strom deiner Freude und so erquickt und ermutigt werden, hin zu deinem Frieden  jetzt und alle Zeit in deinem Sohn, Jesus Christus, unsern Bruder und Herrn.  (c)


Gesang: Komm, göttliches Licht, erleuchte die Erde  (EG 575)


Hinführung (3)

Wiederum muss Israel die Erfahrung der Fremde machen (und es wird nicht die letzte sein): Im babylonischen Exil nach der Niederlage des jüdischen Reiches im Jahre 597 vor Christus. Nun sind sie erneut die Fremden im fremdem Land. Doch wie sollen sie sich in dieser Situation verhalten? Ist Widerstand zu leisten oder abwehrende Isolierung oder sollen sie sich aufgeben? Wohl gibt es die klagenden Psalmen: „An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten.“ (Ps 137,1) Zugleich werden die weggeführten Israeliten im Exil durch einen Brief des Propheten aufgerufen, sich der Wirklichkeit zustellen, ihre Identität nicht aufzugeben, aber durch ihr Verhalten zum Wohllergehen im fremden Lande beizutragen.

Wir lesen im Buch des Propheten Jeremia im 29. Kapitel [1.4-7]


3. Lesung:  Jeremia 29,1.4-7 – Sucht der Stadt Bestes


Psalm 25 –Meine Augen sehen stets auf...  (EG 784) – im Wechsel von Schola und Gemeinde -


Gebet:
Gott der Liebe und der Nähe, du zeigst uns die Wege deines Erbarmens und schonst uns, jenseits unserer irdischen Niederlagen. Gedenke nicht unseres Versagens und lindere das Elend bei uns und anderen. Stille das Verlangen deiner Menschen  und erfülle all unser Hoffen auf den ewigen Frieden durch deinen Sohn, Jesus Christus, unsern Bruder und Herrn. (d)


Gesang: Komm, göttliches Licht, erleuchte die Erde  (EG 575)


Besinnung (Zwischenspiel der Orgel) 


Großes Halleluja (im Wechsel von Vorsänger, Schola und Gemeinde gesungen)

Halleluja. Halleluja. Halleluja. (EG 181.3)

G: Halleluja. Halleluja. Halleluja.

Der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis *  und der das All umfasst, kennt jede Sprache. (Wsh 1,7)

Wenn der Tröster kommen wird, * wird ihn Christus senden vom Vater. (Joh 15,26)

G:   Halleluja. Halleluja. Halleluja.

Den Frieden lasse ich euch. * Meinen Frieden gebe ich euch. / (Joh 14,27)

Nicht gebe ich euch wie die Welt gibt .* Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.  

G: Halleluja. Halleluja. Halleluja.

Das habe ich mit euch geredet, * damit ihr in mir Frieden habt.

In der Welt habt ihr Angst / aber seid getrost * Ich habe die Welt überwunden.(Joh 16,33)

R: Halleluja. Halleluja. Halleluja.


Hinführung

Im Lukas-Evangelium stehen –auf den ersten Blick wie unvermittelt - zwei Begebenheiten nebeneinander, in denen sich Äußerungen Jesu über das Verhältnis zum Fremden finden. Zum einen zeigt sich in einem klärenden Gespräch mit den Jüngern, dass Jesus letztlich das wichtig ist, was dem Menschen Gutes widerfährt, auch wenn dies durch Fremde gschieht, die Jesus gar nicht direkt nachfolgen. Es gilt die vertrauensstiftende Regel: Wenn jemand nicht gegen uns ist, dann ist er erstmal für uns. Und daran schließt sich - zum anderen – die Schilderung einer konflikträchtigen Situation an: Auf den Wanderungen Jesu und seiner Jünger haben sie keine Scheu, in einem samaritanischen Dorf nach Übernachtungmöglichkeit zu fragen. Das macht ein aufrechter Jude zur damaligen Zeit nicht,überhaupt Kontakt aufzunehmen zu jenen verachteten Fremden, die als nicht wirklich rechtgläubig gelten. Man machte einen Bogen um Samarien und die Samariter. Allerdings zeigt sich, dass es umgekehrt ähnlich ist: Als die Dorfbewohner erfahren, dass es sich um eine Gruppe von Juden ist, die sich an Jerusalem ausrichten und nach dorthin unterwegs sind, verweigern sie den Fremden die Aufnahme, was wiederum eine zornige Reaktion einiger Jünger hervorruft, indem sie sich eine gewaltsame Bestrafung durch den Himmel wünschen. Doch Jesus weist seine Jünger zurecht: „Wisst ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?“  Im „Geist Jesu“ geht es um die Achtung auch des fremden Lebens, selbst wenn sich jemand falsch verhält, indem er das ihm fremde Gegenüber nicht achtet. So ist die Haltung Jesu und so soll die Haltung der Seinen sein: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, das Leben der Menschen zu vernichten, sondern zu erhalten.“ In diesem Sinn hängt „Toleranz nicht davon ab, dass sie in gleichem Maße geübt wird.“ (These 3)

Wir lesen im Evangelium nach Lukas im 9. Kapitel [49-56]:


Evangelium: Lukas 9,46-56 … Wisst ihr nicht, wes Geistes Kinder 


Hymnus: Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist (EG 126)


Fürbitten

Gott, immer wieder erfahren wir, wie schwierig es ist, mit Unterschieden zwischen uns Menschen zu leben. - In uns selbst kommen  so leicht versteckte Vorurteile gegenüber Menschen fremder kultureller, rassischer oder religiöser Herkunft zum Vorschein. Wir brauchen ein Herz mit weitem Horizont. Wir bitten und rufen:

R: Herr, erbarme dich... (EG 178.10)

Wir sind verunsichert durch Formen von Gemeinschaft und Leitung, die anders sind als die von uns gewohnten. - Wir finden es manchmal sogar schwierig, Glaubensüberzeugungen und Handlungsweisen anderer christlicher Denominationen anzunehmen. Wir brauchen ein Herz mit weitem Horizont. Wir bitten und rufen:

R: Herr, erbarme dich... (EG 178.10)

Gott, vergib die subtile (leicht unerkannte) Weise, in der wir selbst zur Entstehung von Konflikten und Spannungen in unserer Gesellschaft und in der Welt beitragen. - Lass uns freiwerden von jener Unsicherheit, die zu einer verengten und ängstlichen Hinwendung nur zu den Menschen verleitet, die so sind wie wir. Wir brauchen ein Herz mit weitem Horizont. Wir bitten und rufen:

R: Herr, erbarme dich... (EG 178.10)

Schenke uns anstelle eines verengten Blickwinkels einen neuen Geist der Toleranz und den Geist der Achtsamkeit, der Wertschätzung und der Offenheit für alle, die anders sind, und für das, was wir von ihnen an Bereicherung lernen können. Wir brauchen ein Herz mit weitem Horizont. Wir bitten und rufen: 

R: Herr, erbarme dich... (EG 178.10) (e)

Inmitten unserer Unterschiedlichkeiten komm mit deinem Heiligen Geist,  erfülle uns mit seiner Kraft, dass wir einander dienen und auch im Mühe, Unglück und Not deinen Trost und deine Nähe erfahren, wie es verheißen ist durch Christus, deinen Sohn, unsern Bruder und Herrn. Mit seinen Worten bitten wir:


Vaterunser


Schluss - Lesung: Römer 12,9-21 … habt mit allen Menschen Frieden


Da pacem: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)


Sendung und Segen

Im Gebet der Vereinigten Nationen können auch wir einen Auftrag erkennen, an dem auch wir Christen teilnehmen sollen: Es heißt:

Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. Uns obliegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnloser Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gebe Gott uns den Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, auf dass unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen Mensch tragen.  (f)

[Hinweis auf das mögliches Gespräch zu den Toleranz-Thesen]

Und der Friede Gottes, der so viel stärker ist, als unsere Gedanken verstehen, sei eine Wacht um unsere Herzen und Gedanken und weite sie in der Gewissheit, dass nichts und niemand uns von Jesus + Christus  und seiner Liebe trennen kann. (g)

R: Amen. Amen. Amen.


Nachspiel


Thesen zur anschließenden Diskussion

Zehn  Thesen „Toleranz aus Glauben“ sind von der EKD im Jahre 2005 (h)  formuliert worden. Wir laden ein - im Anschluss an den Gottesdienst zu einem Gespräch anhand dieser Thesen: Sie lauten: 

1. Als evangelische Christinnen und Christen nehmen wir den Pluralismus in unserer  Gesellschaft als Chance und Herausforderung an. Dabei wollen wir unseren Glauben offen bekennen, leben und für ihn werben. Glaubensgewissheit und Toleranz gehören für uns zusammen.

2. Unsere Toleranz ist in der Toleranz des dreieinigen Gottes begründet, der alle Menschen zu seinem Bild geschaffen hat, sie liebt und sie zum Glauben an ihn ruft. Gott in seiner Gerechtigkeit verurteilt die Verletzung der Menschenwürde und den Missbrauch von Freiheit. Gottes Versöhnung öffnet allen Menschen immer wieder neu den Weg zum Glauben.

3. Toleranz zielt auf die wechselseitige Anerkennung der Würde jedes Menschen und seines Verständnisses von Wahrheit, Leben und Glauben. Dabei hängt unsere Toleranz nicht davon ab, dass sie von anderen im gleichen Maße geübt wird. Doch nur auf der Basis der wechselseitigen Anerkennung kommt es zu einer Streitkultur, die einen offenen Dialog über die unterschiedlichen Denk-, Lebens- und Handlungsweisen ermöglicht.

4. Es entspricht evangelischem Selbstverständnis, Toleranz gegenüber anderen Überzeugungen und Lebensweisen zu üben. Dieses Selbstverständnis wurde in schmerzhaften geschichtlichen Prozessen errungen. Heute sind für uns die auch in der Tradition des Christentums entwickelten Menschenrechte weltweite Grundlage allen gelingenden menschlichen Zusammenlebens.

5. Wir wissen um die Unverfügbarkeit der Wahrheit Jesu Christi, die unseren eigenen Wahrheitsanspruch begrenzt. Letzte Autorität kommt nur dieser Wahrheit zu, nicht aber denen, die sie vertreten.

6. Toleranz hat ihre Grenze dort, wo das Denken und das Handeln von Menschen das Leben und die Würde anderer gefährden und bedrohen. Als Kirche wollen wir eine verlässliche Anwältin sein für ein Leben aller Menschen in Würde und ein Ort des Widerstandes gegen jede Form von Intoleranz.

7. Im Dialog um die zukünftige Gestalt unserer Gesellschaft treten wir ein für die Toleranz als Grundlage des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen. Wir tun dies auf der Grundlage unserer von jüdisch-christlichen und humanistischen Traditionen geprägten freiheitlichen Rechtsordnung.

8. Damit Menschen tolerant sein können, brauchen sie gelingende Beziehungen und Bildung, die ihnen hilft, die eigene Identität zu entwickeln und die sie zu einem verantwortlichen Umgang mit dem Fremden ermutigt. Auch unser missionarisches Handeln zielt darauf, Menschen im christlichen Glauben zu verwurzeln und sie so auch zur Toleranz zu befähigen.

9. Unverzichtbar für die Entwicklung von Toleranz ist, dass Menschen die Möglichkeit zur aktiven Teilhabe an unserer Gesellschaft bekommen. Zukunftsängste befördern Intoleranz.

10. In Bindung an das Wort Gottes sind wir bereit zum Dialog. Wir streben ein versöhntes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen, Weltanschauungen und Religionen an. Wir bitten Gott: „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ (Lukas 1,79). (h)



Quellen und Vorlagen

Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

a alle „Zwischentexte“ von R.B.

b vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 512

c vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 514

d vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 513

e vgl. Sinfonia Oecumenica, Gütersloh 1998, S. 482 (Corymeela Worship Book, 1987)

f vgl. Gebet der Vereinten Nationen in: C.Einiger (Hg), Die schönsten Gebete der Welt, München 1964, S. 276

g Phil 4,7, (in Verbindung mit Röm 8,39) übetragen von Jörg Zink, Das Neue Testament

h www.ekd.de/synode2005/beschluesse_kundgebung.html